Dass das am Rudern interessierte Publikum zum Abschluss der Europameisterschaft nahezu ausschließlich über den enttäuschenden vierten Platz des Deutschland-Achters sprach, Franziska Kampmann nimmt es mit einer gewissen Gelassenheit. In den Fokus der Fachwelt hat sich die 23-jährige Waltroperin aber längst gerudert. Eine Bronzemedaille bei einer Europameisterschaft holt man nicht mal eben so. Gelassenheit ist dennoch angesagt.
Kaum hat die Diplom-Landwirtin den EM-Austragungsort am Lago di Varese in der Lombardei verlassen und ist nach Waltrop zurückgekehrt, fällt ihre Analyse zum Ausgang des Doppelvierer-Finales verhalten bis optimistisch aus. „Für den Einstieg in die Saison war das schon ganz okay“, sagt Franziska Kampmann.
Noch am Sonntagabend hat sie sich mit Bundestrainer Marcin Witkowski sowie ihren Mitstreiterinnen Daniela Schultze, Carlotta Nwajide und Frieda Haemmerling zur Rennanalyse aufgemacht. Der Vorlauf war gut, hinter dem Team aus Großbritannien erreichte der deutsche Doppelvierer dort die zweitbeste Zeit.
Kleinigkeiten hätten zwei Tage später im Finale dann dafür gesorgt, dass man nicht mehr am neuen Europameister Niederlande (6:22,82 min) und den Engländerinnen (6:23,24 min.) vorbeigekommen sei. Am Ende gab es dennoch Edelmetall für die Waltroperin und ihr Team (6:25,20 min.)
Für jedes Team gibt es eigenen Shuttle-Service
Die Stunden nach dem EM-Bronze hatten für sie schon etwas Stakkato-Behaftetes. Schnell aus dem Boot, fix zur Siegerehrung, ganz wenig Kontakt zu anderen Sportlern. Was sich allein schon in der Tatsache dokumentierte, dass in Varese für jedes Team ein eigener Shuttle-Service bereitstand.
Klassisches EM-Feeling sieht sicher anders aus – möglicherweise sind solche Bedingungen aber auch schon ein Fingerzeig für die Olympischen Spiele in Tokio. Der Vormittag des 27. Juli wird auf dem dortigen Sea Forest Waterway für Franziska Kampmann jedenfalls zum Saisonhöhepunkt, wenn das Finalrennen ansteht. Und schon jetzt kristallisiert sich heraus, dass es im internationalen Frauen-Doppelvierer kein absolutes Ausnahmeteam gibt, sondern der Kampf um die Medaillen mit den anderen Nationen spannend wird. „Mit England und den Niederlanden ist immer zu rechnen, ich bin aber auch auf China, Polen und Australien gespannt“, sagt Kampmann.
Doch bevor es nach Japan geht, ist weiterer Feinschliff angesagt. Morgen geht es zu einem zehntägigen Trainingsaufenthalt nach Berlin, vom 30. April bis zum 2. Mai ist dann Weltcup-Zeit in Zagreb.